Fachkräftemangel bleibt ein Problem
Beim Sommerfest der Kreishandwerkerschaft wurde vor allem wieder eines deutlich: Die Betriebe müssen sich etwas einfallen lassen, um künftig an Fachkräfte zu kommen. Denn Lehrstellen im Handwerk werden zu wenig nachgefragt.
Nauen Sein Hobby zum Beruf gemacht hat Thorben Nickel. Der 20-Jährige aus Göttlin bei Rathenow absolvierte eine Lehre zum Kfz-Mechatroniker und ist jetzt Geselle. Beim Sommerfest der Kreishandwerkerschaft Havelland in Nauen wurde er gemeinsam mit zwei weiteren Lehrlingen freigesprochen. Er ist der Beste der Sommerprüfung, konnte seine Ausbildung – ebenso wie Felix Kessler – schon ein halbes Jahr früher beenden und wurde von seinem Ausbildungsbetrieb, dem Autohaus Schulz, übernommen.
Thorben Nickel hat schon als Jugendlicher gerne an Fahrzeugen herumgeschraubt. Nun konnte er sich seinen Berufswunsch erfüllen, wurde Kfz-Mechaniker. Der 20-Jährige wurde jetzt freigesprochen und will auf jeden Fall auch seinen Meister machen. Quelle: Markus Kniebeler
Dem Handwerk geht es derzeit sehr gut
Gäbe es mehr Lehrlinge wie die Beiden, dann hätte das havelländische Handwerk ein Problem weniger. Denn in den Reden zum Fest spielte vor allem ein Thema eine Rolle: der Fachkräftemangel und wie man ihm begegnen kann. An dem Problem ändert auch nichts, dass es dem Handwerk derzeit sehr gut geht. Die Betriebe haben mehr Aufträge als sie abarbeiten können. 80% Prozent der Mitglieder der Kreishandwerkerschaft beurteilen die aktuelle Geschäftslage als gut. Vor allem im Baugewerbe boomt es.
Doch schon jetzt fehlt es an Fachkräften und voraussichtlich wird sich die Situation noch verschärfen. So konnte Kreishandwerksmeister Michael Ziesecke zwar vermelden, dass zum 31. Juli im havelländischen Handwerk 87 Lehrverträge abgeschlossen worden sind, „aber gut 70 Ausbildungsplätze sind noch nicht besetzt“.
Die Arbeitswelt verändert sich
Doch ohne eine erfolgreiche Nachwuchsgewinnung wird es künftig schwierig sein, offene Stellen zu besetzen. Und dies auch angesichts künftiger Herausforderungen. Denn die Arbeitswelt verändere sich, so Ziesecke. Neue Berufsfelder wie die Digitalisierung und die Logistik beschäftigten Unmengen an Menschen, die dem traditionellen Handwerk fehlten.
„So muss sich das Handwerk in Zukunft auch neu aufstellen und sich den Gegebenheiten nicht nur anpassen, sondern vordenken und neue Wege gehen, innovativ sein, um sich letztlich nicht nur im einheimischen, sondern auch im europäischen Markt behaupten zu können“, sagte er.
Zusammenarbeit mit dem Landkreis
Bei der Nachwuchsgewinnung arbeitet die Kreishandwerkerschaft seit Jahren mit dem Landkreis zusammen. Die Vize-Landrätin Elke Nermerich appellierte an die Handwerksbetriebe: „Nutzen Sie das Angebot des Kreises, um mit Schülern ins Gespräch zu kommen. Gehen Sie in die Offensive.“ Eine gute Gelegenheit dafür sei nach wie vor die Ausbildungsbörse, die immer zu Jahresbeginn im Mafz-Erlebnispark stattfindet. Denn auch Elke Nermerich empfindet es als bedenklich, dass Handwerksberufe immer weniger nachfragt werden.
600 Ausbildungsplätze noch frei
Das stellt der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam, Ralph Bühring, ebenfalls fest – auch wenn im Bereich der Handwerkskammer die Zahl der abgeschlossen Ausbildungsverträge um 10 Prozent gestiegen ist. „Das ist aber nur die halbe Wahrheit“. 600 Plätze seien noch frei und blieben es größtenteils auch. Er sieht die Imagekampagne des Handwerks als wichtiges Instrument, um gegenzusteuern. Und auch die finanzielle Unterstützung für Existenzgründer und für den Meisterabschluss „ist ein Zeichen aus der Politik, für das wir dankbar sind“.
Schon in der Jugend gern an Fahrzeugen rumgeschraubt
Bei jungen Leuten wie Thorben Nickel rennt er damit aber offene Türen ein. Bereits als Jugendlicher hat der sympathische 2,10 Meter-Mann mit seinem Vater die Bremsen am Familienauto repariert. Und wie es auf dem Dorf so üblich ist, fuhr er auch Zweirad und schraubte fleißig an seiner 125er herum. „Ich werde definitiv auch meinen Meister machen und eventuell ein Studium“, sagte Thorben Nickel.
Geschäftsführerin verlässt die Kreishandwerkerschaft
Das Fest war für Michael Ziesecke zudem Anlass, Danke zu sagen – unter anderem den Mitarbeitern der Geschäftsstelle der Kreishandwerkerschaft. Er kündigte an, dass Geschäftsführerin Claudia Seeligmann ihre Tätigkeit zum 31. Dezember beendet wird. „Nach nunmehr elf Jahren wird sie sich noch einmal neuen Herausforderungen stellen.“ 2007 hatte sie den Posten von Manfred Poklitar übernommen.
Von Andreas Kaatz